Forschende entschlüsseln Mechanismus molekularer Lichtschalter

Das untersuchte Molekül peri-Anthracenethioindigo der Guldi-Group (Grafik: PC I/FAU)
Das untersuchte Molekül peri-Anthracenethioindigo der Guldi-Group (Grafik: PC I/FAU)

Forschenden der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ist es gelungen, den Mechanismus der lichtinduzierten Isomerisierung eines neuartigen molekularen Photoschalters (engl. Photoswitch) aufzuklären. Die Ergebnisse liefern die Grundlage für die Entwicklung von Materialien, die sich mit besonders energiearmem Licht – also im roten bis nahinfraroten Bereich – gezielt steuern lassen. Damit eröffnen sich neue Perspektiven etwa für Anwendungen in der Photomedizin, der Sensorik oder in der Entwicklung molekularer Maschinen. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie International Edition* erschienen.

Das untersuchte Molekül peri-Anthracenethioindigo (PAT) ist ein außergewöhnlicher Photoschalter: Anders als bisher bekannte Photoschalter reagiert es nicht auf energiereiches blaues oder ultraviolettes, sondern auf rotes und sogar infrarotes Licht. Bislang war jedoch unklar, auf welchem Weg PAT tatsächlich seine Form ändert – also wie die sogenannte E/Z-Isomerisierung auf atomarer Ebene abläuft. Um diese Frage zu beantworten, verband das Team modernste Laserspektroskopie im Femtosekundenbereich mit quantenchemischen Simulationen und konnte so erstmals beobachten, wie sich PAT in Echtzeit unter Lichteinfluss bewegt und seine Form verändert. Dabei nimmt das Molekül nach der Lichtanregung kurzzeitig einen sogenannten Triplett-Zustand ein. Erst in diesem Zustand kann es sich komplett um seine zentrale Doppelbindungsachse drehen und seine Struktur verändern. Es verhält sich damit quasi wie ein winziger Drehschalter. Besonders ist hierbei außerdem, dass die Umwandlung auch unter Sauerstoff stabil ist.

Diese Erkenntnisse liefern nicht nur ein tieferes Verständnis der Photochemie von Thioindigo-Verbindungen, sondern zeigen auch wie sich mit durchdachtem Moleküldesign leistungsfähige Schalter entwickeln lassen, die auch mit energiearmem rotem Licht funktionieren und gleichzeitig robust gegenüber Sauerstoff sind. Das gewonnene Wissen bildet die Grundlage für das Design neuer Verbindungen, welche die Entwicklung von biokompatiblen Photoschaltern, photoaktiven Materialien oder molekularen Speichern vorantreiben werden.

*https://doi.org/10.1002/anie.202510626