Fang das Elektron: Pac-Man spielen mit Ladungsträgern

Defektfreies Graphen (Bild: Philipp Vecera)
Defektfreies Graphen (Bild: Philipp Vecera)

Wissenschaftler am Zentralinstitut für Neue Materialien und Prozesstechnik (ZMP) entdecken neue Methode zur nasschemischen Herstellung von defektfreiem Graphen.

Die Herstellung von Graphen über nasschemische Exfoliierung des günstigen Ausgangsmaterials Graphit beschäftigte Wissenschaftler der ganzen Welt in den vergangenen Jahren verstärkt über die reaktive Zwischenstufe einer geladenen Graphit-Interkalationsverbindung (GIC). Die Erforschung der Chemie und der physikalischen Eigenschaften dieser extrem luftsensitiven Interkalats ist ein zentrales Element des wissenschaftlichen Fokus des Lehrstuhls für Organische Chemie II von Prof. Dr. Andreas Hirsch unter der Gruppenleitung von Dr. Frank Hauke am ZMP in Fürth.

Der Einsatz von Graphen als vielsprechendes Material in der Halbleiterindustrie kann nur gelingen, wenn Eigenschaften wie Bandlücke, Materialgröße und Defektdichte bereits während der Synthese kontrolliert und eingestellt werden können. Den Forschern am ZMP ist hierfür nun ein entscheidender Durchbruch gelungen. Durch die Entdeckung eines lösungsmittelgetriebenen Ladungs- und Massetransports vom geladenen Interkalat in das Lösungsmittel Benzonitril, können alle existierenden Formen an Interkalationsverbindungen quantitativ und ohne die Einführung von Defekten direkt in Lösung oxidiert werden. Dies ermöglicht die Abscheidung von defektfreiem Graphen direkt aus der Lösung, nachdem die einzelnen Lagen über Coulomb-Repulsion vom Mutterkristall getrennt wurden. Dies vervollständigt die bisher fehlende Möglichkeit, neben einer Funktionalisierung des Graphens auch den Grad, also die Defektdichte, exakt einzustellen um somit maßgeschneidert die elektronischen Eigenschaften zu steuern.

Direkte Bestimmung der Zahl der Ladungsträger über optische Spektroskopie

Darüber hinaus färbt sich das durch den Elektroneneinfang reduzierte Benzonitril Molekül rot, solange es nicht in Kontakt mit Sauerstoff oder Wasser kommt. Durch diesen Farbumschlag lässt sich die Zahl der Ladungsträger im System einfach über Absorptionsmessungen bestimmen. Diese herausragende Fähigkeit ermöglicht den Wissenschaftlern im Bereich der Graphen- und Batterieforschung neue Möglichkeiten, den Ladungszustand zu messen.

Diese Entdeckung stellt somit nicht nur für die Forscher der FAU, sondern für alle Experten auf dem Gebiet der reduktiven Graphen-Synthese einen Durchbruch dar, auf dessen Basis man sich in den nächsten Jahren große Fortschritte für die Anwendung von nasschemisch exfoliiertem Graphen erhoffen kann. Ihre Ergebnisse hat die Arbeitsgruppe im renommierten Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht (DOI: 10.1038/ncomms12411) und diese sind ab sofort online zum Download verfügbar.

Weitere Informationen:

Vecera, P. et al. Solvent-driven electron trapping and mass transport in reduced graphites to access perfect graphene. Nat. Commun. 7:12411 DOI: 10.1038/ncomms12411 (2016).

Link zur Veröffentlichung: http://www.nature.com/articles/ncomms12411

M.Sc. Philipp Vecera
philipp.vecera@fau.de
0911 – 65078 65018

Prof. Dr. Andreas Hirsch
andreas.hirsch@fau.de
09131 – 85 22537