Effiziente solvatochrome Fluoreszenz in einem unpolarem zentrosymmetrischen Thiele Kohlenwasserstoff Diradikaloid

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Bild: AK Guldi, FAU

Ein dunkler und doch leuchtender elektronischer Zustand

Unter sogenannten Diradikaloiden versteht man Verbindungen, die weder als rein geschlossen-schaliges Molekül noch als reines Diradikal mit zwei ungepaarten Elektronen verstanden werden. Stattdessen handelt es sich hier um eine Mischform zwischen beiden möglichen Resonanzstrukturen, welche durch unterschiedliche Gewichtung beider möglicher Konfigurationen – ausgedrückt durch den Grad ihres diradikalischen Charakters – beschrieben werden muss. Durch ihre ungewöhnliche elektronische Struktur ergeben sich einzigartige optoelektronische und magnetische Moleküleigenschaften, die sich von Materialien mit konventionellen Bindungsverhältnissen abheben.

Daraus folgen interessante potentielle Anwendungsmöglichkeiten beispielsweise im Bereich der Spintronik, als nicht-linearen optischen Materialien oder als Chromophore für effiziente Singulett Spaltung in Solarzellen. Diradikaloide mit ausgeprägtem diradikalischen Charakter zeichnen sich typischerweise durch ihre hohe Reaktivität aus. Vor dem Hintergrund der vielversprechenden Eigenschaften und Anwendungen der Diradikaloide liegt daher das synthetische Hauptaugenmerk auf der Stabilisierung der ansonsten reaktiven diradikalischen Zentren.

Dem Forschungsteam von Professor Davide Blasi (Universität Bari) ist es durch die Strategie der Teilchlorierung gelungen, den ansonsten instabilen Thiele Kohlenwasserstoff als luft- und photostabile Verbindung zu modifizieren, obwohl sich das chlorierte Derivat im Vergleich durch einen erhöhten diradikalischen Charakter auszeichnet.

Der Arbeitsgruppe von Professor Dirk M. Guldi (Lehrstuhl für Physikalische Chemie I, FAU) ist es in Zusammenarbeit mit dem Team rund um Professor Blasi sowie von Professor Fabrizia Negri (Universität Bologna) gelungen, den mechanistischen Hintergrund dier ungewöhnlichen Fluoreszenzaktivität aufzudecken.

Es stellte sich heraus, dass ein eigentlich „dunkler“ elektronischer Zustand für die strahlungsbehaftete Deaktivierung verantwortlich ist. Dieser lässt sich zwar nicht direkt über Ein-Photonen Absorption besetzen, ist aber über Innere Umwandlung von dem energetisch höherliegenden Ein-Photonen-erlaubten Singulett Zustand zu erreichen. Durch eine Folge aus strukturellen Relaxationsprozessen bildet dieser Zustand eine polare zwitterionische Struktur aus und gewinnt dadurch signifikant an Übergangsdipolmoment, welcher wiederum die Fluoreszenz stark begünstigt.

Dadurch, dass das Thiele Derivat eine ausgeprägte polare Struktur im elektronisch angeregten Singulett Zustand erwirbt, ist die energetische Stabilisierung stark abhängig von dessen Lösungsmittelumgebung. Als Konsequenz daraus lässt sich das Emissionsmaximum allein durch die Lösungsmittelpolarität beeinflussen und vom roten Spektralbereich bis ins nah-Infrarot verschieben. Diese Entdeckung zeigt ein weiteres Mal das ungeahnte Potential von stabilen Diradikaloiden Verbindungen auf und könnte Wege für verschiedene Anwendungsmöglichkeiten als effiziente Fluorophore eröffnen.

Weitere Informationen:

Orginalpublikation: A. Punzi, Y. Dai, C. N. Dibenedetto, E. Mesto, Emanuela Schingaro, T. Ullrich, M. Striccoli, D. M. Guldi*, F. Negri, G. M. Farinola, D. Blasi J. Am. Chem. Soc. 2023, 145, 37, 20229–20241: Dark State of the Thiele Hydrocarbon: Efficient Solvatochromic Emission from a Nonpolar Centrosymmetric Singlet Diradicaloid. doi: https://doi.org/10.1021/jacs.3c05251

Kontakt:

Prof. Dr. Dirk M. Guldi
Department Chemie und Pharmazie
Lehrstuhl für Physikalische Chemie I (Prof. Dr. Guldi)
Telefonnummer: 09131 85-27340
dirk.guldi@fau.de

Tobias Ullrich
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dirk M. Guldi
Telefonnummer: 09131 85-67459
tobias.ullrich@fau.de